Plötzlich lesbisch? Warum ich meinen Mann für eine Frau verließ

Plötzlich lesbisch?
Für Katja kam das Gefühlschaos langsam, aber gewaltig. © Getty Images/Image Source

Katja (54) hat ihren Partner nach zwanzig Jahren Beziehung für eine Frau verlassen. Sie erzählt, wie sehr sie mit dieser Entscheidung zu kämpfen hatte, warum sie auf der Straße am liebsten Männern hinterher schaut und weshalb sie sich bis heute nicht als lesbisch bezeichnen würde.

Lesbisch, bisexuell – egal, es geht um den Menschen

Sich zu verlieben ist ein wunderbares Gefühl. Aufregend und beflügelnd. Kompliziert wird es, wenn man in einer Beziehung steckt und die Gefühle nicht dem Partner, sondern einem anderen Menschen gelten. Für Katja kam das Gefühlschaos langsam, aber gewaltig. Die zweifache Mutter war 45 Jahre alt, als sie die 23-Jährige Sina im Rahmen des Jobs kennenlernte.

„Erst war es nur das Interesse an ihr als Person. Anders als Sina, die seit jeher lesbisch ist, hatte ich vorher noch nie etwas mit einer Frau. Die Gefühle für sie haben mich komplett überrascht”, sagt sie und macht eine lange Pause. “Eigentlich war ich glücklich mit meinem Leben. Die Beziehung lief gut. Ich habe meinen Freund geliebt. Wir teilten viele gemeinsame Interessen, hatten uns ein gemeinsames Leben aufgebaut.”

Es hat mich getroffen wie der Blitz aus dem Weltall.

Im Herbst vor neun Jahren hat Sina angefangen, ihr E-Mails zu schreiben. “Sie fragte mich, was ich lese und welche Musik ich höre. Später wurden die Themen persönlicher. An Weihnachten war ich mit meiner Familie unterwegs. Ich habe nur an Sina gedacht. Obwohl wir bis dahin nur geschrieben haben, war das Gefühl plötzlich bei mir angekommen: Ich war in sie verliebt. Im Januar haben wir uns zum ersten Mal getroffen. Danach wurden die Treffen häufiger. Aber heimlich. Auch Sina befand sich noch in einer festen Beziehung.”

Lesbisch lieben: Wie ist es, nach zwanzig Jahren zum ersten Mal mit einer Frau zu schlafen?
„Ich wollte diese Frau nicht mehr hergeben. Meine Gefühle waren von Anfang an unglaublich intensiv.“ © Getty Images/PeopleImages

Wie reagierte die Familie auf das Coming Out?

Irgendwann fand Katjas Partner es raus. Es herrschte großes Chaos. Er war unglaublich verletzt und wütend. Katja wiederum hin- und hergerissen. Sie erzählt: “Einerseits war da mein Freund, den ich liebte, meine Familie, die ich niemals hergeben wollte. Aber da war auch diese Frau, die ich nicht mehr vergessen konnte.” Aus Verzweiflung schlug sie den beiden eine Dreierbeziehung vor. “Das wäre natürlich niemals gut gegangen. Aber ich konnte zwanzig Jahre doch nicht einfach so auf den Müll werfen.” Sie musste sich entscheiden.

Aus Verzweiflung schlug ich eine Dreierbeziehung vor.

“Meine Kinder waren schockiert. Meine Tochter (20) hat ein Jahr lang nicht mit mir geredet.” Auch ihre Eltern kamen mit der Entscheidung nicht klar. Sie solle sich zusammenreißen, rieten sie Katja. Die Freunde machten ihr moralische Vorwürfe. “Ich habe durch die Geschichte einige Menschen verloren, die mir mal sehr wichtig waren. Sie haben sich von mir abgewandt und den Kontakt abgebrochen”, sagt sie traurig. “Aber wie hätte ich mich gegen so ein starkes Gefühl wehren sollen?” Sie sieht mich fragend an und fährt fort: “Mittlerweile ist mir meine Tochter zum Glück wieder sehr nah. Und auch der Rest meiner Familie hat sich mit der Situation arrangiert. Dafür bin sehr dankbar.”

Der Beziehungsalltag mit einem großen Altersunterschied

Die beiden zogen damals direkt zusammen – mit Katjas kleinem Sohn (7). Das Meistern der alltäglichen Routine wurde zur neuen Herausforderung. Aber das sei in Ordnung, das gehöre nunmal dazu. Das ungleiche Alter ist nicht immer leicht. Es sei schwierig gemeinsame Freunde zu haben. “In unserer Beziehung gab es immer wieder Phasen, in denen wir uns neu entdecken mussten. Es hat gedauert, bis wir uns alle an die Situation gewöhnt haben. So richtig gut läuft es auch erst, seitdem wir in eine größere Wohnung gezogen sind. Nach neun Jahren ist die rosarote Brille abgesetzt – wir wissen aber mittlerweile ziemlich genau, was wir aneinander haben. Und manchmal eben auch, was nicht.“

Lesbisch, bisexuell – egal, es geht um den Menschen
Katja liebt seit neun Jahren eine Frau. Als lesbisch würde sie sich trotzdem nicht bezeichnen. © Getty Images/Image Source

Der Sex mit einer Frau ist nicht besser oder schlechter

Und wie ist es, nach zwanzig Jahren zum ersten Mal mit einer Frau zu schlafen? “Die sexuelle Anziehung war am Anfang unglaublich.” Sie lacht. “Ich bin ein halbes Jahr in einem kompletten Erregungszustand rumgelaufen.“ Lag das am Reiz des Neuen? “Klar, der Sex mit einer Frau ist anders. Ich kann aber nicht sagen, dass es besser oder schlechter ist. Einfach anders. Sina verhält sich in vielen Situationen wie ein Mann. Sie denkt wie ein Mann. Andernfalls wäre sie für mich wahrscheinlich auch nie interessant gewesen. Eine feminine Frau hätte mich nicht gereizt. Aber dementsprechend war auch die Rollenverteilung in unserer Beziehung sofort klar. Ich hatte ja absolut keine Ahnung von lesbischen Beziehungen. Habe ich eigentlich immer noch nicht.” Jetzt lacht Katja wieder.

Ich würde mich bis heute nicht als lesbisch bezeichnen.

Den Sex mit Männern vermisst Katja trotzdem. Mittlerweile geht es zwar – frau kann ja auch viel mit Sexspielzeug machen, sagt sie. Am Anfang habe sie aber richtig daran zu knabbern gehabt. Außer von Sina fühle sie sich sexuell sowieso nur von Männern angezogen. In ihrem Fall habe sie sich in den Menschen verliebt, nicht in das Geschlecht.

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