Slut Shaming: Nur weil ich Sex mag, bin ich eine Schlampe?

Slut Shaming: Was hat es damit auf sich?
Zu viel Sex mit unterschiedlichen Männern? Skandal! © Matheus Ferrero

Ich mag Sex. Und ich finde es toll, wenn andere Menschen auch ihre Freude daran haben,  Erfahrungen machen und sich ausleben. Ich sage bewusst Menschen. Denn leider schwirrt in vielen Köpfen noch immer der Gedanke herum, dass Männer zwar mit vielen Frauen, Frauen jedoch nicht mit vielen Männern schlafen dürfen – ohne als Schlampe zu gelten. Man nennt das Slut Shaming. Was hat es damit auf sich?

Slut Shaming bezeichnet das Phänomen, eine Frau herabzuwürdigen, weil sie ihre Sexualität auf eine Weise ausdrückt, die nicht mit den gesellschaftlichen Erwartungen übereinstimmt. Nicht selten gilt sie plötzlich als Schlampe oder Hure.

Als Frau viele unterschiedliche Sexualpartner haben? Eine Schande!

Bei mir war es so: Julian und ich waren seit einem halben Jahr zusammen. Es lief gut. Wir hatten viel Spaß zusammen. Und großartigen Sex. Als wir eines Abends Pizza essend auf seinem Bett saßen, stellte er mir die Frage aller Fragen – ganz beiläufig: “Mit wie vielen Typen hast du eigentlich vor mir geschlafen?“ Ich zögerte. “Komm, so viele werden es wohl nicht gewesen sein?“ Sein fragender Blick verwandelte sich in ein nervöses Grinsen. Ich sagte meine Zahl. Sie war höher als seine. Und das machte ihm etwas aus. Das merkte ich.

Mit wie vielen Typen hast du eigentlich vor mir geschlafen?

An unserer Beziehung änderte das nichts. Auch wenn er sich später den einen oder anderen spöttischen Kommentar nicht verkneifen konnte: “Das musst du doch wissen. Du bist diejenige mit den Erfahrungen.”

Ich fragte mich: Warum werden Frauen, die sich offen sexuell ausleben, abgewertet oder verhöhnt – während Männer, die das Gleiche tun, bestenfalls als Frauenhelden bezeichnet werden?

Was ist Slut Shaming?
Für eine sexuell freie Frau gibt es ungefähr zehnmal so viele Schimpfwörter wie für sexuell freie Männer. © Vanessa Serpas

Slut Shaming – eine sexuelle Doppelmoral

Eine Frage, die auch JOYclub-Mitglied Miss_Senseless beschäftigt. Im Forum der Erotik-Community fragt sie: “Wenn ich durch den JOYclub stöbere, begegne ich immer wieder tollen Frauen, die offen über ihre Bedürfnisse und Erfahrungen berichten und zeigen, dass sie ihre Sexualität offen ausleben. Ich bin begeistert! Gleichzeitig begegnen mir – außerhalb dieser Blase – immer wieder Herabsetzungen von Frauen als Schlampe, die mit vielen Männern geschlafen haben. Was sagt die Anzahl der Sexualpartner also über eine Frau und über einen Mann aus? Macht ihr da Unterschiede?”

Was sagt die Anzahl der Sexualpartner über eine Frau und über einen Mann aus?

Miss_Senseless hat recht. Eine sexuell aktive Frau gilt nicht als geile Stute oder Playerin. Sie ist eine Schlampe. Ist eine Frau zu freizügig, dann ist sie selbst schuld, wenn sie beleidigt wird oder Schlimmeres. „Dann hätte sie das nicht anziehen dürfen oder tun sollen“, hört man Männer und auch Frauen schulterzuckend sagen. Die alte Doppelmoral, dass Männer zwar mit vielen Frauen, Frauen jedoch nicht mit vielen Männern schlafen dürfen, existiert eben immer noch.

Ob Mann oder Frau: Ein Urteil wird immer gefällt

Indem man Frauen als Schlampen bezeichnet, wird die weibliche Sexualität per se als schandhaft definiert. Ich finde, das ist absurd! Eine Frau zu verurteilen, weil sie Spaß am Sex hat, ist anmaßend und bezieht sich auf sexistische Modelle, die in unserer Gesellschaft leider nach wie vor verbreitet und nicht reflektiert werden.

Slut Shaming: Wenn eine Frau als Schlampe bezeichnet wird, weil sie sich sexuell auslebt.
Menschen dürfen machen, was sie wollen und so viele wechselnde Geschlechtspartner haben, wie sie wollen. © Vanessa Serpas

Dass eine Person aufgrund ihrer ausgelebten Sexualität beurteilt wird, ist aber kein weibliches Problem. Ein Mann mag zwar den Ruf als Frauenheld haben, wenn er mit vielen Frauen geschlafen hat. Umgekehrt verhält es sich jedoch so: Wenn er zu schüchtern ist und nur wenig sexuelle Erfahrungen hat, wird er als “Schlappschwanz” bezeichnet. Geht es bei Männern um die Beurteilung ihrer Leistung und bei Frauen um ihre sexuelle Verfügbarkeit, so wird sich in jedem Fall ein Urteil über den Menschen gebildet.

Das Wort Schlampe aus dem Wortschatz streichen

Was können wir dagegen tun? Indem wir das Problem definieren und einen öffentlichen Diskurs anregen, gehen wir bereits einen Schritt in die richtige Richtung. Wir müssen lernen, dass sich die Wertschätzung einer Person auch auf die Akzeptanz ihres Sexlebens bezieht. Und die Wörter Schlampe und Schlappschwanz sollten wir sowieso endgültig aus unserem Wortschatz verbannen.

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1 Kommentar

  • Die Alternative zur Verbannung des Wortes ‚Schlampe‘, wäre es positiv zu besetzen. Das tun jetzt auch schon Menschen. Beispielsweise gibt es ein Buch über Polyamorie & offene Beziehungen mit dem Titel “Schlampen mit Moral“. Ich bezeichne mich selbst als Schlampe, weil andere Menschen das dann nicht abwertend mir gegenüber verwenden können. Seitdem hat das Wort seine beleidigende oder herabwürdigende Bedeutung für mich weitestgehend verloren.

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