Der weibliche Körper wird stets beurteilt. Gerade in sozialen Medien wie Facebook und Instagram geht es immer wieder um die Art und Weise, wie Körper dargestellt und inszeniert werden. Aber was macht das eigentlich mit uns? Welchen Einfluss haben diese Schönheitsideale auf unsere eigene Körperwahrnehmung und unser Selbstbewusstsein?
Vom Selbstbildnis zum Selfie
Fangen wir mal ganz von vorne an. Ob mit Pinsel und Farbe oder mit dem Smartphone: Das Phänomen der Selbstdarstellung ist nichts Neues. Bereits in der Renaissance fing es mit dem gemalten Selbstportrait an. Je weiter die Moderne voranschritt und je autonomer die Künstler wurden, desto öfter setzten sie sich neben anderen auch selbst ins Bild.
Das Selbstbildnis war dabei schon immer mehr als die Darstellung der eigenen Gesichtszüge – es ging bereits damals um die eigene Inszenierung. Heute ist es nicht mehr nur den Künstlern vorbehalten, sich selbst zu inszenieren. Jeder tut es. Die “geeigneten” Orte dafür scheinen Facebook und Instagram zu sein.
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Schönheitswahn 2.0
Wenn ich durch meinen Instagram-Feed scrolle, fällt mir eines ganz besonders auf: Das Bild der schlanken, sportlichen Frau dominiert und bekommt den meisten Zuspruch. Oder anders ausgedrückt: Je dünner, desto schöner, desto mehr “Likes”. Aufgenommen wurden die Fotos im richtigen Winkel und einem warmen, schmeichelhaften Licht. Wahrscheinlich wurden sie nachträglich bearbeitet, retuschiert und mit einem passendem Filter versehen.
Das Bild, das gepostet wurde, hat oft nicht mehr viel mit der Realität zu tun. Die Wahl des Bildausschnitts und der Einsatz von Bildbearbeitungsprogrammen konstruieren verzerrte Körperideale. Von diesen Fotos sieht man auf den Social-Media-Plattformen mittlerweile so viele, dass wir dieses Körperbild fast für normal halten. Beim nächsten Blick in den Spiegel zweifel ich an mir selbst: Ist mein Hintern zu dick? Ist meine Haut zu unrein?
Ist mein Hintern zu dick? Ist meine Haut zu unrein?
Netzkünstlerinnen brechen mit weiblichen Stereotypisierungen
In der Ausstellung „Virtual Normality“ im Museum der bildenden Künste Leipzig haben sich Netzkünstlerinnen mit diesem Phänomen beschäftigt. Zu sehen ist eine Fülle von Arbeiten – vom Selfie bis zur Virtual-Reality-Installation. Mit ihren Werken wollen sich die Künstlerinnen weiblichen Stereotypisierungen widersetzen. Sie wollen provozieren und zum Nachdenken anregen.
Eine von ihnen ist Leah Schrager. Mit einem Selfie-Stick in der Hand spreizt sie lasziv die Beine. Die kirschroten Lippen sind leicht geöffnet. Ihr Blick ist fordernd. Scheint sie auf dem Bild völlig nackt zu sein, so wird ihr Körper von einer Fotomontage bedeckt, in der sich das Selfie unendlich wiederholt. Die Künstlerin erwidert so nicht nur standhaft den Blick des Betrachters, sie schaut sich dabei auch selbst an – in einer endlosen Rückkopplung. Wer sich ein Blick zwischen ihre Beine erhoffte, wird enttäuscht. Die Nackt-Regeln von Instagram sind schließlich streng. Selbst weibliche Nippel sind verboten.
Auch wenn die Bilder den strikten Regeln der US-Konzerne entsprechen, kann es hart sein, den weiblichen Körper jenseits des gängigen Schönheitsideals zu präsentieren. Dank der Kommentarfunktion endet Body Shaming schnell im Shitstorm: Die Künstlerin Arvida Byström postete ein Bild mit unrasierten Beinen und wurde dafür übel beschimpft. Weibliche Körperbehaarung wird oft als anstößig gemeldet, wenn sie an der „falschen“ Stelle ist. Nämlich nicht auf dem Kopf.
Die durchtrainierte Welt der Fitness-Blogger
Der Schönheitswahn wird auf Instagram mit Hashtags befeuert, unter denen Frauen zeigen, dass zwischen ihren beiden dünnen Oberschenkel noch Platz für ein bisschen Luft ist und dafür “Likes” en masse ernten.
Fitness-Bloggerinnen zeigen mit Fotos von perfekten Körpern und Hashtags wie #fitspiration und #fitspo: “Du bist okay, wie du bist. Aber nur, solange du schlank bist. Bist du es nicht, musst du mit (m)einem super Fitnessprogramm an dir arbeiten. Und zwar schnell.” Eine Aufforderung, die vor Absurdität und Arroganz nur so strotzt. Denn jene Fitness Blogger verkaufen ihre Vorstellungen von Gesundheit als Wahrheiten und nicht als ihre individuelle Lebensweise. Das ist nicht nur ungesund, sondern gefährlich.
Gegenbewegung: Body Positivity
Wie problematisch der Anspruch ist, den vornehmlich weiblichen Körper in eine bestimmte Form zu pressen, thematisiert die Body-Positive-Bewegung, zu Deutsch “positives Körpergefühl”. Eine deutsche Vertreterin ist Melanie-Jasmin Jeske (aka Melodie Michelberger), Mitbegründerin von Trust the Girls:
Die Body-Positivity-Vertreterinnen zeigen sich selbstbewusst – ohne Bearbeitung ihrer Bilder. Sie versuchen ein neues Verhältnis zum eigenen Körper darzustellen, das sich gegen unrealistische Schönheitsideale positioniert. Die Bewegung zeigt: Wir leben im 21. Jahrhundert. Langsam wird es Zeit, die Ideale, die seit der Kindheit in unseren Köpfen verankert sind, zu verabschieden. Denn die sind veraltet. Nein, eigentlich waren sie nie real!
Glücklicherweise wird sich unsere Gesellschaft verstärkt darüber bewusst, wie unrealistisch mediale Bilder oft sind. In sozialen Medien findet man immer mehr Accounts, die die Realität der gefilterten und retuschierten Darstellung vorziehen und sich ungeschminkt, nackt und nicht eingeklemmt in Shaping-Underwear zeigen.
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